Über das Hundehalterverhaltenstraining (Teil 1)

(Atmung, Entspannung, Zielvisualisierung u. Konzentrationsübungen im Hundetraining)

Negative Erwartungen und die Folgen (Wie negative Erwartungen und Einstellungen das Verhalten von Menschen und Hunden beeinflussen können).

Teil 1: Wissenschaftliche Begriffe/Psychologische Erläuterungen

Vorwort:

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verzichte ich in diesem Bericht darauf, geschlechterspezifische Formulierungen zu verwenden. Personenbezogene Bezeichnungen in der männlichen grammatischen Form beziehen sich auf alle Geschlechter.

Sämtliche Erklärungen über die Entstehung, sowie das Verhalten und Denken von und in unsicheren Situationen aufgrund negativer Denk- und Verhaltensweisen, in Zusammenhang mit der Hundehaltung, können auch übertragen werden auf rein menschliche Situationen in denen Ängste, Phobien, Zwangsstörungen etc. der Inhalt sind und aufgrund negativer Erwartungen verstärkt werden und/oder entstehen können.

Selbstverständlich möchte ich keinen Hundehalter kritisieren wie er seinen Hund zu erziehen oder zu führen hat. Selbst bei optimaler Hundeerziehung, bestmöglichem Training und einer perfekten kognitiven Einstellung seitens der Hundebesitzer bedeutet dies nicht, dass sich nie wieder negative Begegnungen abspielen können. Der folgende Bericht soll deshalb lediglich eine weitere Möglichkeit aufzeigen, wie Hundebesitzer abseits des üblichen Hundetrainings, durch ein lösungsorientiertes Denken die Gesamtsituation in alltäglichen Situationen mit ihrem Hund verbessern können.

In meiner Zusammenarbeit mit der Augsburger Hundeschule (AHS) ist es meine Aufgabe, den Hundehaltern Möglichkeiten anzubieten, durch Atmungs-, Konzentrations- und Vorstellungsübungen eine positive Erwartungshaltung üben und erlernen zu können. Das bedeutet, sich eine Situation mit dem Hund vorzustellen, wie man sich in dieser Situation sehen möchte und durch bestimmte Übungen diese Vorstellung in der Alltagssituation erreichen bzw. umsetzen kann.

Im Hundehaltertraining soll allein das Denken und Verhalten des Menschen von Bedeutung sein, unabhängig von der Erziehung des Hundes. Selbstverständlich ist ein regelmäßiges Training und eine fachgerechte Erziehung der Hunde ebenso von Bedeutung, soll aber in diesem Bericht nicht das führende Thema sein.

In der alltäglichen Beobachtung und in Gesprächen mit Hundehaltern ist ein auffallendes Merkmal, dass viele Hundebesitzer sehr häufig angespannt sind, eine negative Erwartungshaltung haben (was alles passieren könnte) und dadurch viele Signale aussenden, die von den Hunden nicht nur bemerkt werden (über Geruch, Mimik, Gestik, Stimmlage etc.) sondern auch übernommen werden können.

Als Folge eines unsicheren, angsterfüllten, mit einer negativen Erwartungshaltung besetztem Denken, können auch die Hunde der jeweiligen Besitzer dementsprechende Symptome von Unsicherheit, Angst, Aggression usw. zeigen.

Die Entstehung und den Zusammenhang von Hundehalterdenken und Hundeverhalten möchte ich in diesem Beitrag anhand verschiedener Studien und psychologischer Definitionen erklären.

Beginnen möchte ich den Beitrag mit der Erklärung einiger wissenschaftlicher Begriffe und Studien, um dann im zweiten Teil auf die Zusammenhänge im Hundehalteralltag durch zwei Beispielsituationen hinzuweisen. Im dritten Teil sehen wir uns dann einige Lösungsansätze an.

Viel Spaß beim Lesen

Teil 1: Wissenschaftliche Begriffe

Der Rosenthal-Effekt – Versuchsleiter(erwartungs)effekt:

In der Studie von Robert Rosenthal (deutschamerikanischer Professor für Psychologie) aus dem Jahre 1963, geht es um den Einfluss positiver Erwartungen, Einstellungen, Überzeugungen (u.a. in Form einer „selbsterfüllenden Prophezeiung) auf das Ergebnis eines Experiments.

Für diesen Versuch haben zwölf Studenten jeweils fünf Ratten bekommen. Sechs Studenten erhielten die Info, dass ihre Ratten so intelligent gezüchtet seien, dass sie besonders schnell durch einen Irrgarten finden würden. Die anderen sechs Studenten erhielten die Info, dass ihr Ratten besonders auf dumm gezüchtet worden seien.

Tatsächlich waren alle Ratten genetisch vom selben Stamm. Aber dennoch: Die Gruppe der „schlauen Ratten“ zeigte wesentlich bessere Leistungen und durchlief das Labyrinth schneller als die Kontrollgruppe der „dummen Ratten“. Rosenthal schloss daraus, dass das Verhalten (Projektion) der Studenten gegenüber den Ratten in dem Experiment die Leistung der Ratten beeinflusst hat.

Das bedeutet: Eine positive Erwartung fördert eine positive Entwicklung und umgekehrt, eine negative Erwartung fördert eine negative Entwicklung.

Die selbsterfüllende Prophezeiung (self-fulfilling prophecy):

Eine Vorhersage, eine Prognose, ein Denken über eine mögliche Zukunft hat Einfluss darauf, dass diese Zukunft auch eintritt. Wenn wir an eine mögliche negative Vorhersage, Vorstellung, Erwartung (was passieren könnte) denken und glauben, dann handeln wir so, dass sich die Erwartung auch tatsächlich erfüllt. Aufgrund der negativen Denkabläufe und der inneren Haltung verändert sich unser Verhalten, was sich u.a. in der Mimik, Gestik, Stimmlage usw. wiederspiegelt, so dass als Folge die negative Erwartungshaltung zur tatsächlichen Wirklichkeit werden kann.  Durch die Erwartung und Vorstellung kommt es also tatsächlich zu einem negativen Vorfall, der die negative Erwartung bestätigt und dadurch weitere negative Denk- und Verhaltensweisen und deren Folgen fördert.

Confirmation Bias:

Sogenannter „Bestätigungsfehler“. Das bedeutet, Information so auszuwählen und zu interpretieren, dass diese die eigenen Erwartungen erfüllen.

Negative Erwartungen werden erfüllt (selbsterfüllende Prophezeiung), ereignen sich tatsächlich so wie erwartet, da die positiven Dinge nicht mehr gesehen werden, was wiederum die eigene negative Einstellung bestätigt.

D.h. bei negativen Erwartungen sehe ich die negativen Verhaltensweisen (z.B. vom „bösen“ Nachbarhund) und übersehe die positiven Eigenschaften, Handlungen usw.

Selektive Wahrnehmung:

Nur bestimmte Aspekte (Blickwinkel, Betrachtungsweise) der Umwelt werden aufgenommen und andere ausgeblendet.

Unbewusste Suche nach Übereinstimmungen. Nur ein Teil der gesamten Reize werden erfasst und verarbeitet, so dass bei einer Bewertung nicht alle Aspekte und Argumente miteinbezogen werden. Bei selektiver Wahrnehmung richtet man die Wahrnehmung immer auf die Reize, die der Erreichung von Zielen dienen (das kann auch eine Meinung, Voreingenommenheit usw. sein) so dass wir, ähnlich wie beim Confirmation Bias, nur die Aspekte wahrnehmen die unsere Meinung, Befürchtung, Überzeugung usw. unterstützen.

Vorhandene Urteile und Vorstellungen werden bestätigt und falsche Schlussfolgerungen nicht mehr überprüft.

Hier ein interessanter Link (The Monkey Business Illusion): https://www.youtube.com/watch?v=IGQmdoK_ZfY

Paradoxe Wirkung des Appells (Kommunikationsmodell nach Schulz von Thun):

Wenn wir nicht wissen was wir wollen, wollen wir oft beides.  In Zusammenhang mit dem Hundehaltertraining bedeutet dies: Wir wollen uns entspannen, bleiben aber verspannt, da wir davon ausgehen, dass gleich etwas passieren wird.

Frei erklärt: Wenn uns gesagt wird, wir sollen nicht so verspannt sein, wir müssen uns mehr entspannen, dann kann dies zur Folge haben, dass wir erst recht unter Druck gesetzt werden. Wir versuchen uns „krampfhaft“ zu entspannen, aber genau das Gegenteil passiert. Weil wir angestrengt versuchen etwas Unmögliches zu erreichen (zumindest unmöglich in der aktuellen Situation und in unserer Vorstellung/Erwartung) passiert das Gegenteil und wir verkrampfen noch mehr.

„Ich darf nicht so verkrampft sein“ -> Folge: Ich bin noch mehr verkrampft.

„Ich muss mich entspannen“ -> Folge: Psychischer Druck -> Ich bin noch verspannter.

Können Hunde Angst riechen?

Hier noch eine Studie über die Fähigkeit von Hunden Angst zu riechen und die Auswirkungen.

https://www.geo.de/natur/tierwelt/17690-rtkl-haustiere-hunde-koennen-menschliche-angst-riechen

Die ganze Studie „Interspecies transmission of emotional information via chemosignals: from humans to dogs (Canis lupus familiaris)“ erschien im Oktober 2017 im Journal „Animal Cognition“ und ist dort online nachzulesen.

…..“Die Wissenschaft konnte bereits zeigen, dass Hunde die Zeichen menschlicher Gefühle hören und sehen können. Doch niemand hat bisher untersucht, ob Hunde auch über den Geruchssinn die Hinweise eines Menschen aufgreifen können“, sagte Zoologieprofessor Biagio D’Aniello dem New Scientist.

Studie mit 40 Labradoren und Golden Retrievern. Die menschlichen Teilnehmer (die alle keine Hunde als Haustiere hielten) wurden in drei Gruppen aufgeteilt. Jeder Gruppe wurden verschiedene Filme gezeigt. Eine Gruppe sah sich Filme an die Glücksgefühle auslösten, eine Gruppe Filme die Angst auslösten und einer dritten Gruppe wurden Filme gezeigt die neutrale Reaktionen auslösten. Im Anschluss nahmen die Forscher der Universität von Neapel von allen Teilnehmern der drei Gruppen Schweißproben.

In dem Bericht heißt es weiter:

Diese Schweißproben legten die Wissenschaftler danach den Hunden zum Geruchstest vor. Die Hunde schnupperten an den Schweißproben, während ihr Herrchen oder Frauchen sowie eine fremde Person anwesend waren, die jedoch nicht mit den Vierbeinern interagierten.

Die Hunde reagierten besonders stark auf den Geruch des Angstschweißes. Bei dem Geruch zeigten die Tiere Anzeichen von Stress und die Wissenschaftler verzeichneten eine höhere Herzfrequenz. Dazu suchten die Tiere verstärkt Blickkontakt zu Herrchen oder Frauchen und traten weniger in Kontakt mit Fremden.

Daraus schlossen die Forscher: Hunde können die Angst nicht nur riechen, sondern verspüren diese dann auch am eigenen Leib.

Auch den Geruch von Glück schienen die Vierbeiner zu erkennen. Dieser löste aber keine Stress-Symptome bei ihnen aus. Die Hunde zeigten dann tendenziell mehr Interesse an der fremden Person, die mit im Raum war, und näherten sich ihr an.

So weit so gut, im folgenden Teil 2 betrachten wir uns, wie die erwähnten Studien und Fachbegriffe im Hundehalteralltag ihre Wirkung zeigen.

Über das Hundehaltertraining; Teil 2: Beispiele aus dem Alltag

Ich bedanke mich für euer Interesse beim Lesen und wünsche euch fröhliches, erfolgreiches und herzliches Schaffen. Habt Spaß und Freude an euren Ideen, seit kreativ und genießt euer Leben.

Euer Therapeut

Markus Schuster