Hallo zusammen,

heute wollen wir uns mal damit befassen, weshalb es in therapeutischen Anwendungen, in Stresssituationen, bei Angststörungen etc. immer wieder heißt:

„Atme erst mal tief ein, einfach durchatmen.“

Fast so, als könnten wir einfach alles bequem weg atmen.

Dabei bekomme ich als Therapeut wie auch als Hundetrainer häufig folgendes zu hören:

„Mein Problem löst sich nicht einfach so durchs atmen“ oder „Nur weil ich jetzt tief atme, wird auch nicht alles besser.“

Vollkommen richtig, das wäre auch zu einfach.

Aber scheinbar ist die Atmung doch für etwas wichtig, außer dass wir ohne sie keine Luft bekommen und ersticken würden.

Und nicht nur im therapeutischen Rahmen, oder in stressigen Situationen sollen Atemübungen helfen, daß wir uns beruhigen, wieder in Ruhe nachdenken können, Lösungen finden usw. In jeder Sportart, bei Meditation, Yoga, Tai Chi, beim Lernen usw. hören wir immer wieder, wie viel Wert auf eine ruhige, tiefe Atmung gelegt wird.

Aber was passiert eigentlich beim Atmen?

Wenn wir atmen, dann führen wir unserem Körper über die eingeatmete Luft Sauerstoff (O2) zu. Der Sauerstoff wird über die Lunge an das Blut weitergegeben und von den roten Blutkörperchen (Erythrozyten) im Körper an das Gewebe, die Organe verteilt und zur Energiegewinnung genutzt bzw. benötigt.

Wenn Sauerstoff verbraucht wird entsteht Kohlendioxid (CO2), welches beim ausatmen wieder ausgeschieden wird.

Soweit die einfache Erklärung, die aber reichen sollte um die Atmung zu erklären, ohne hier zu tief in die Biochemie einzutauchen.

Außerdem war Biochemie noch nie meine Stärke, aber weiter im Text:

Ach ja, in der Minute atmen wir ungefähr 10 bis 15 Mal.

Wenn wir zu viel Sauerstoff verbrauchen, z.B. beim Sport, dann erhöhen wir automatisch (gesteuert über das Gehirn) unsere Atemfrequenz um mehr Sauerstoff ein- und Kohlendioxid auszuatmen.

Was aber passiert bei Stress, Panik, Angst?

Wir alle kennen das, wenn wir uns erschrecken, uns fürchten, unsicher sind, vor einer schwierigen Prüfung stehen, oder uns mittendrin in einer „Oh mein Gott“ Situation befinden.

Wir bekommen Herzklopfen, der Puls rast, im Körper kribbelt es und wir beginnen hektisch zu atmen.

Wer wissen möchte, was in so einem Moment genauer passiert kann das hier nachlesen:

https://www.psychotherapie-schuster.de/ueber-die-angst-die-entstehung-und-aufrechterhaltung-aus-der-sicht-des-gehirns/

Wenn das passiert, also hektische „Oh mein Gott“ – Atmung (Hyperventilieren), dann atmen wir in der Regel wenig Sauerstoff ein und sehr viel Kohlendioxid aus, was dazu führt das sich die blutversorgenden Gefäße verengen und im Körper, im Gehirn eine Unterversorgung mit Sauerstoff entsteht.

Einfach erklärt können wir sagen, das Mischungsverhältnis, der Anteil zwischen Sauerstoff und Kohlendioxid ist nicht mehr so wie er sein sollte.

Dies kann u.a. zu Schwindel und Benommenheit führen, wir können uns nur schwer konzentrieren, wir zittern, verspannen unsere Muskulatur, usw.

Wenn wir diese Symptome verspüren, sie beobachten, als gefährlich bewerten und sich unsere Atmung zusätzlich noch weiter erhöht, dann befinden wir uns mittendrin im sogenannten „Angstkreis“.

Hinzu kommt noch, dass wenn unser Gehirn nicht mit ausreichend Sauerstoff versorgt wird, wir nicht mehr klar denken, wir uns nicht konzentrieren können und es fällt uns schwer eine Lösung zu finden, eine rationale Entscheidung zu treffen.

Die Folgen können sein, dass wir in Panik verfallen, nichts tun können und das Gefühl bzw. den Gedanken haben absolut hilflos und ausgeliefert zu sein.

Puh, das heißt nicht das es soweit kommen muss, aber es fühlt sich in der Regel nicht gut an. Außerdem kann sich ein solcher Zustand auf Dauer verselbständigen, chronisch werden und zu einer hohen Anzahl an weiteren Störungen führen.

Wenn wir uns beruhigen wollen dann machen wir in den meisten Fällen, mehr oder weniger, alle das gleiche:

Wir atmen tief ein, atmen oft stoßartig aus, meistens begleitet mit einem seufzen, stöhnen oder fluchen, aber so richtig hilfreich fühlt sich das selten an. Im Gegenteil, wenn wir zu stoßartig aus- und einatmen, dann haben wir immer noch ein Sauerstoff/Kohlendioxid – Missverhältnis, aber wir versuchen es zumindest.

Was also tun? Ruhig und tief durchatmen.

In vielen Atemübungen hört ihr immer wieder folgende Empfehlung:

Bis 4 zählend einatmen und bis 6 zählend ausatmen, ruhig und gleichmäßig.

Aber halt, wenn ich bis 4 ein und bis 6 ausatme, dann wird doch zu viel Kohlendioxid ausgeatmet?

Nein! Die Einatmung erfolgt bei den verschiedenen Atemübungen ähnlich wie bei einem Blasebalg, d.h. wir atmen etwas schneller ein und etwas langsamer, aber dafür länger wieder aus (um das Volumen zwischen Ein- und Ausatmung wieder auszugleichen):

Ihr atmet tief ein, zählt in Ruhe bis 4, die Lunge weitet sich, der Bauch wölbt sich nach außen (zumindest bei einer korrekt durchgeführten Bauchatmung) und ihr atmet langsam bis 6 zählend wieder aus (Brust und Bauch senken sich). Dadurch kommt euer Stoffwechsel wieder ins Gleichgewicht, das Mischungsverhältnis pendelt sich wieder ein, Sauerstoff erreicht unsere Organe, unser Gehirn, die körperlichen Symptome beruhigen sich und wir können wieder klar denken, bzw. bekommen einen „klaren Kopf“ wie es so schön heißt.

Außerdem stimuliert die Atmung den Hauptnerv des parasympathischen Nervensystems, den Nervus Vagus (welcher für unsere Entspannung wichtig ist).

Zwischen der Ein- und Ausatmung können wir noch bis 2 zählen, also:

Bis 4 zählend einatmen, 2 Sekunden warten, bis 6 zählend ausatmen, 2 Sekunden warten, usw.

Wer nicht zählen mag kann sich auch denken:

„Ich atme ein“ – Pause – „Ich atme ganz langsam aus“ – Pause – „Ich atme ein“ usw.

Und noch besser wird es, wenn ihr gar nicht mehr denken müsst, einfach nur atmen.

Und wenn ihr lösungsorientiert atmen wollt, dann stellt euch vor wie ihr die jeweilige Situation lösen möchtet, welche Möglichkeiten zu einer zufriedenstellenden Lösung führen, welche Handlungsmöglichkeiten ihr habt usw.

Aber da gibt es echt viele Varianten und jeder kann für sich herausfinden, welche am geeignetsten erscheint.

Entscheidend ist, dass ihr über die Atmung wieder zur Ruhe gelangt, eure Gedanken beruhigt und eine Lösung findet.

Ich bedanke mich für eure Aufmerksamkeit, für eure Zeit und euer Interesse und wünsche euch fröhliches, erfolgreiches und herzliches Schaffen. Habt Spaß und Freude an euren Ideen, seit kreativ und genießt euer Leben.

Euer Therapeut

Markus Schuster

Literaturverzeichnis:

https://www.neuropsychiatrie.ch/blog/2021/8/8/hirn-und-atmung

https://www.netdoktor.de/symptome/hyperventilation/

https://www.geo.de/wissen/gesundheit/wie-achtsames-atmen-unsere-hirnfunktionen-verbessert-34443856.html